Der Musikalische Verein 1847 Winterhausen

Einblick in unsere 175 – jährige Vereinsgeschichte.

Gründungsmitglieder gibt es natürlich nicht mehr, aber dafür eine umfangreiche Chronik und tatsächlich das originale Gründungsbuch unseres Vereins, aus dem wir die Informationen, unsere Vereinsgeschichte betreffend, bekommen haben.

Wagen wir zunächst einen Zeitsprung in das Jahr 1814. Durch den Freiheitsgedanken, der von den Befreiungskriegen 1813 – 1814 ausging, waren die Einheits- und Einigungsbewegungen in deutschen Landen auf einem gewissen Höhepunkt angelangt und die Sängerbewegungen wurden beschleunigt.

Überall in den Städten bildeten sich Liedertafeln mit dem Ziel, der Öffentlichkeit besonders vaterländische Lieder in Massenchören zu bieten.

In unserem Winterhausen jedoch floss zu der Zeit das Leben gemächlich dahin. Kuh- und Pferdegespanne ratterten über das Dorfpflaster. Es gab keine Autos und kein ICE fuhr durch die Gemarkung.
Die Bahnstrecke Würzburg-Ansbach-München wurde erst 1856 gebaut.

Eine geruhsame Zeit also, in der der Mensch noch nicht von Maschinen und Computern angetrieben und ersetzt wurde.

Der Ausschlag für die Gründung des Vereins war wohl das Sängertreffen 1846 in Würzburg mit dem damaligen Organisator und Stadtkämmerer Valentin Becker.

Im Gasthaus „zum Schwarzen Adler“, das ist das heutige Zobelhaus in der Hauptstr. 7, schräg gegenüber vom Rathausplatz, trafen sich an einem Sommerabend, und zwar am 7. Juni 1846, Christian Hamm mit seinen beiden Söhnen und noch einigen sangesfreudigen Männern. Valentin – einer seiner Söhne – war Musikdirektor und Komponist in Würzburg und außerdem ein enger Freund Richard Wagners.

Da die Genehmigung durch König Ludwig 1. erst im Februar 1847 kam und unter den Gründungsmitgliedern auch einige Musiker waren, entstand der Name: „Musikalischer Verein 1847“ und nicht wie damals in Mode “Liedertafel oder Liederkranz“.

Die Winterhäuser Gründungsgruppe beim Adlerwirt entwarf gleich die Statuten für den Verein, die 1847 durch eine königliche Order genehmigt wurden und in Kraft traten. Diese Statuten, die sind in Originalschrift erhalten und haben zum Teil heute noch Gültigkeit. Als Probenabende wurden damals zwei Tage in der Woche festgelegt und zwar montags und samstags ab 19:00 Uhr. Das war wohl auch sehr notwendig, denn es mussten jährlich acht Produktionen stattfinden.

Es durfte auch niemand ohne triftigen Grund den Proben oder Produktionen fernbleiben. Das Beitragsgeld betrug 30 Kreuzer. Aktive Mitglieder waren beitragsfrei.

Auch Valentin Becker gründete zu der Zeit, auch im Jahr 1847, den Würzburger Sängerverein, der zum Musikalischen Verein rege Freundschaft pflegte. Man war allerdings, um gemeinsame Konzerte zu veranstalten, auf Pferdekutschen angewiesen oder zu Fuß unterwegs.

1847 kaufte sich der junge Verein einen Flügel, für den 22 Jahre später die letzte Rate bezahlt wurde.

Der Verein hatte große Popularität im Dorf und in der Umgebung. Sein Ansehen war so groß, dass neben Graf Otto von Rechteren-Limpurg aus Sommerhausen, sogar Amtsleute, Direktoren und Lehrer aus Ochsenfurt, Würzburg und Goßmannsdorf  Mitglieder waren.

In der Folgezeit war der Verein, der damals 120 Mitglieder umfasste, schweren Belastungen durch die Ereignisse des Revolutionsjahres 1848, durch den deutsch-französischen Krieg 1870/71, sowie den beiden Weltkriegen ausgesetzt.

Trotzdem – gefeiert wurde schon immer: Im Protokollbuch des Jahres 1904 befindet sich eine Randnotiz: „Im Jahr 1904 im Juli hat sich der Verein eine Fahne gekauft. Die Einweihungsfeier fand auf dem Bierkeller statt.“

1913 tritt der Verein dem Fränkischen Sängerbund bei.

Eine bedeutende Veränderung begab sich nach dem ersten Weltkrieg. Dieser forderte leider viele Opfer und deswegen durften ab dem Jahr 1919 notgedrungen auch die Frauen die Mitgliedschaft erwerben und mitsingen und aus dem Männerchor wurde ein gemischter Chor unter der Leitung von Lehrer Schilling. Der gemischte Chor des Musikalischen Vereins gehört zu den ältesten im Fränkischen Sängerbund.

In den Jahren des Dritten Reiches konnte sich der Verein keiner großen Blüte erfreuen, da er von den Bestrebungen dieser Zeit überspielt wurde. Den tiefsten Punkt erlitt unser Verein, als er nach dem Zusammenbruch 1945 durch Dekret der amerikanischen Besatzungsmacht verboten wurde, wie alle anderen Vereine auch. Als erstes durften dann – nach Normalisierung der Verhältnisse – wieder Turn- und Sportvereine in Aktion treten. Dazu gehörte auch der 1. FC-Winterhausen, dem sich noch im selben Jahr der Musikalische Verein als Sängerabteilung anschließen konnte und der dem Verein bis 1950 Obdach bot.

1947 übernahm Heinrich Dürr den Chor und führte ihn über 40 Jahre lang.

Zur gleichen Zeit gründete er ein Liebhaberorchester, so dass der Verein seinem Namen wieder alle Ehre machte. Der Verein wuchs zur großen Blüte, das gesellige Leben des Dorfes wurde durch Operetten- und Liederabende, Theateraufführungen, ja sogar durch Ballettvorführungen bereichert. Es wurden Sängertreffen besucht und die Sängerinnen und Sänger durften in der Gewissheit nach Hause fahren, zu den Besten zu zählen. In Bad Kissingen erhielt der Chor für seinen Liedvortrag den 1. Preis.

1957 wurde dem Chor die Zelter Plakette, eine Auszeichnung des Deutschen Sängerbundes für Verdienste um Chorgesang und Volkslied, vom damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss in Köln persönlich überreicht.

Stolz sind wir auch auf unsere Musikkapelle, die 1982 unser damaliger 1.Vorsitzender, Siegfried Richter, als Jugendkapelle gründete und damit aus unserer Sängerfamilie hervorging. Mittlerweile, sind sie als eigenständiger Verein sehr erfolgreich.

www.musikkapelle-winterhausen.de

Nach einer Reihe von männlichen Chorleitern ist der Traditionschor und der Männerchor des Musikalischen Vereins seit 2009 mit Edelgard Kern erstmalig und sehr erfolgreich unter weiblicher Führung.

Aus unserem Verein sind noch zusätzlich verschiedene jüngere Gruppierungen hervor gegangen. So z. B. unser Jugendchor „Sing for Fun“, den es leider in der Form nicht mehr gibt, aber dafür seit 2017 unseren Kinderchor in wechselnder Besetzung. Beide unter der Leitung von Rainer Kogelschatz.

Im Herbst 2007 lief ein Chorprojekt „Sing & Swing“, für Leute zwischen 20 und 100 Jahren an. Mittlerweile feierte „Sing & Swing“, ebenfalls unter der Leitung von Rainer Kogelschatz als fester Bestandschor mit mehr als 40 aktiven Mitgliedern sein 15-jähriges Bestehen und ist durch die regelmäßigen Gospelgottesdienste und Konzerte im weiten Umkreis sehr bekannt.

Alle Chöre des Musikalischen Vereins haben neben Chorkonzerten, Serenaden oder Dorfweihnachten immer schon schöne Reisen oder Gesangswochenenden unternommen. Z.B. nach Bremen, Prag, Regensburg, Aachen, Berlin oder an den Starnberger See.

Nicht zu vergessen unsere Reisen nach Cannobio am Lago Maggiore in Italien. Diese Freundschaft geht im Ursprung auf Initiative von Helga Kiesel zurück, die bei einem Urlaub den Chor „Coro Stella Traffiumese“ angesprochen und zu uns eingeladen hat.

Damit war der Grundstein für diese Freundschaft und spätere Städtepartnerschaft gelegt.

www.winterhausen.de/ortsgeschehen/partnerschaft-cannobio

corostellatraffiumese.blogspot.com

Besonders freuen wir uns über die gute Zusammenarbeit und den Zusammenhalt mit der Musikkapelle Winterhausen. Seit 2013 singen wir im gemeinsam erbauten „Musiktreff“ an der unteren Hofstatt.

Im März 2020 wurde sämtliche Chorarbeit und auch unser privates Leben durch eine ganz andere Art ausgebremst und gestoppt. Durch die Einschränkungen des Corona-Virus mussten wir viele geplante Veranstaltungen absagen

Aber wir haben uns dadurch nicht unterkriegen lassen. Sobald es wieder erlaubt war, haben wir unter Einhaltung aller Vorschriften unsere Chorarbeit wieder aufgenommen und weiter „mit Abstand“  geprobt. Sei es beim Weingut Meyer im Hof, in der Kirche, im Bürgerhaus oder außen vor dem Musiktreff.

Bei der bundesweiten Aktion „Deutschland singt“ am 3. Oktober waren wir einer der wenigen Chöre im Umkreis, die 2020 und 2021 mitgemacht haben und ich erinnere mich noch sehr gerne an diese ergreifenden Momente, an denen wir, nachdem die Kirchenglocken verklungen waren, auf unserem schönen Rathausplatz bei Kerzenlicht die gemeinsamen Lieder für den Frieden gesungen haben in dem Bewusstsein, dass dies zeitgleich auf vielen öffentlichen Plätzen überall in Deutschland geschah. Ein besonderes Gefühl der Gemeinschaft.  Auf eines können wir uns immer verlassen: Musik verbindet und bringt Freude. Dies war so in der Vergangenheit, so ist es in der Gegenwart und wird auch in der Zukunft so sein…..

Gudrun Padberg,
1. Vorstandsvorsitzende